Persönliche Erläuterung & Anmerkung

Krisen stellen besondere Anforderungen an besondere Lösungen

Die Kräfte und Energien unserer geschätzten hausärztlichen und notfallärztlichen Kolleginnen und Kollegen sind in diesen Zeiten ganz erheblich beansprucht, die nach den Maßgaben des Robert-Koch-Instituts erforderliche Differenzierung, Diagnostik und Einleitung von körperlichen Behandlungen bei Menschen mit grippalen Krankheitszeichen zu bewältigen, welche die rasante Ausbreitung des Corona-Virus mit sich bringen. 

Und dies ohne die notwendigen und ausreichenden Schutzmaßnahmen, welche bis vor kurzem trotz medienwirksamer anderslautender Versprechungen bislang in allen ambulanten Praxen knapp sind oder fehlen!

Psychiatrisch-psychotherapeutische Praxen sind bei bereits aufgetretenen grippalen Krankheitszeichen nicht erste Anlaufstellen.

In unseren Praxen erfahren wir in den letzten Monaten ebenfalls im Zusammenhang mit dieser Krise stehende gravierende Zunahmen von Beschwerdeausprägungen bei etwa vorbestehenden seelischen, psychosomatischen oder neuropsychiatrischen Erkrankungen sowie teils neu auftretende seelische Symptome als Reaktionen auf eine als potentiell tödlich oder sonst existentiell bedrohlich erlebte Situation voller Ungewissheit, Sorgen und Katastrophenerwartung, verbunden mit dem eigenen Gefühl von Hilflosigkeit und Kontrollverlust.

Zudem erleben wir zunehmend häufiger, dass Patientinnen und Patienten teils vorzeitig und oft völlig unvorbereitet aus stationären Krankenhausbehandlungen oder psychosomatischen Rehabilitationen entlassen werden oder obwohl notwendig gar nicht dort aufgenommen werden wegen Corona-bedingten Abteilungsschließungen.

Die Ausprägung und Dauer seelischer oder psychiatrischer Symptome ist selbstverständlich von einer Vielzahl von unterschiedlichen Faktoren abhängig.

Wir versuchen in unserer Praxis Sie auch dahingehend wie bisher zu unterstützen und soweit fachlich vertretbar mit Augenmaß auch die besonders mit der Virusdiagnostik befassten Hausärztlichen Kollegen zu entlasten, in dem wir z.B. entgegen aller Budgetregeln unseres Systems einer/m Patientin unserer Praxis ein sonst vom Hausarzt dauerhaft verordnetes gut vertragenes Medikament mal mit verschreiben, damit die derzeit überlastete Hausarztpraxis deshalb nicht gesondert aufgesucht werden muss (Kontakte gilt es derzeit zu reduzieren!)

In den Praxen der ambulanten Versorgung können wir dahingehend oft flexibler, den tatsächlichen Bedarf besser einschätzend, organisatorisch  rascher reagieren als größere Organisationen mit den entsprechenden strukturellen und bürokratischen Prozessen.

Die Videosprechstunde in der psychiatrischen und psychotherapeutischen Praxis ist aktuell eine Möglichkeit, erforderliche Untersuchungen und Behandlungen aufrechtzuerhalten und gleichzeitig das infektiologische Gebot der persönlichen Kontaktmeidung zu beachten.

Wir alle sind uns vermutlich rasch einig, dass dies nie eine sonst stattfindende direkte, persönliche fachärztliche Behandlung wird ersetzen können!

Obschon die Möglichkeit einer größeren Anzahl von Videosprechstunden von KBV und GKV-Spitzenverband während der jetzigen "Corona-Krise" vereinbart wurden, wird in der Regel vorher der vorherige wenigstens einmalige persönliche Arzt-Patient-Kontakt erforderlich werden, wenn nicht gleichzeitig die Praxis von erheblichen Abschlägen bedroht sein soll.

Als persönliche Anmerkung an dieser Stelle:

Inhaltlich ist dieses nach aktuellem Stand noch geltende Festhalten der Krankenkassen-Spitzenverbände an dieser Regelung wie so manches in unserem Gesundheitssystem nicht begründbar und vor dem Hintergrund des aktuellen infektiologischen Kontaktminderungsgebots inkonsequent.

-  In der Regel kennen psychiatrische und psychotherapeutische Praxen viele ihrer Patienten über viele Monate und teils Jahre. Dies erfordert in Ausnahmezeiten deshalb mitunter gerade nicht die dahingehend willkürlich erscheinenden persönlichen Kontakte 1x/Quartal.

- Gerade eine ärztliche Videosprechstunde vorab könnte die fachlich-kompetente Einschätzung ermöglichen, welche Behandlung zwingend persönlich und welche mittels anderer geeigneter Methoden erfolgen kann (Triage). 

- vor diesem Hintergrund ist inhaltlich auch nicht verständlich und nicht haltbar, dass psychotherapeutische Akutbehandlungen von der tatsächlichen Möglichkeit der Videosprechstunde ausgenommen sind.

Unser aktueller Bundesgesundheitsminister Spahn wandte sich am 20.03.2020 erstmals schriftlich an die ambulanten Praxen und kündigte u.a. an, Erleichterungen für den Praxisablauf "in den Blick" nehmen und Maßnahmen auf Nachteilsausgleiche "prüfen" zu wollen und bittet um "Vertrauen" und "Mithilfe" in "dieser für unser Land so schwierigen Zeit",

Auch wir in unserer Praxis hegen die Bereitschaft, darauf hoffen zu können, dass dieser erbetene Vertrauensvorschuss des Bundesgesundheitsministers und für diesen nicht ins Leere läuft und sich auch seine etwaigen Nachfolger noch daran erinnern, wenn wie in unserem ambulanten Versorgungssystem üblich mit zeitlicher Verzögerung von teils 3 oder 4 Jahren Regressforderungen oder aufwendige "Plausibiltätsprüfungen" auf die Praxen zurollen werden.

Sie aber können gerne darauf vertrauen, dass wir versuchen werden, die auch für Sie schwierigen Zeiten bestmöglich mit Ihnen zu bewältigen.

Ihr Praxisteam Dr. U. Bohnet